Worum geht es bei dem Projekt Destination Impact? Welche Problemstellung versucht ihr zu lösen?
Thomas Kohler: Tourismusdestinationen stehen vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits sind Erlebnisangebote zentrale Treiber für wirtschaftlichen Erfolg, andererseits können sie Umwelt und lokale Gemeinschaften belasten. Mit dem Projekt Destination Impact untersuchen wir, wie Reiseerlebnisse in alpinen Regionen gestaltet werden können, damit sie einen positiven Beitrag für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft leisten. Das Konzept der „nettopositiven Erlebnisse“ steht im Zentrum der Studie: Aktivitäten, die mehr zurückgeben, als sie beanspruchen. Gefragt sind Erlebnisse, die emotionale Begeisterung mit nachhaltiger Wirkung verbinden. Der Destination Impact Bericht zeigt anhand von 34 Interviews und 12 Erlebnisinspirationen, wie Erlebnisse zur nachhaltigen Entwicklung von Regionen beitragen und wie Destinationen dieses Potenzial fördern können.
Welche zentralen Erkenntnisse liefert das Projekt?
Thomas Kohler: Wir schlagen drei Perspektivenwechsel vor, um das Potenzial nettopositiver Erlebnisgestaltung zu erschließen:
- Vom Vermeiden negativer Effekte hin zum Schaffen positiver Wirkungen
- Von standardisierten Aktivitäten hin zu gestalteten Erlebnissen
- Von isolierten Maßnahmen hin zu integrierter Nachhaltigkeit
Unsere Analyse zeigt: Nettopositive Erlebnisse bieten vielfältiges ökologisches, soziokulturelles und wirtschaftliches Wirkungspotenzial und können gezielt gestaltet werden. Wir identifizieren zentrale Erlebniselemente und stellen für jedes Element konkrete Gestaltungsmuster und Erlebnisinspirationen aus alpinen Regionen vor.
Welche Handlungsempfehlungen könnt ihr alpinen Regionen bzw. touristischen Unternehmen mit auf den Weg geben?
Thomas Kohler: Wir empfehlen Anbieter*innen, Nachhaltigkeit systematisch ins Erlebnisdesign zu integrieren. Nachhaltigkeit ist kein Zusatz, sondern der Schlüssel für innovative und zukunftsfähige Angebote. Die zentralen Erlebniselemente geben Anbieter*innen Orientierung für eine ganzheitliche Gestaltung:
- Gestaltet den Erlebnisraum: Lenkt Besucherströme, entlastet Hotspots und nutzt Treffpunkte als Lernorte.
- Fördert klimafreundliche Mobilität: Erleichtert die Anreise und baut autofreie Angebote aus.
- Fördert aktive Partizipation: Ermöglicht gemeinsames Handeln und macht Nachhaltigkeit mit allen Sinnen erlebbar.
- Schafft authentische Begegnungen: Bringt Gäste und Einheimische in Austausch und öffnet Begegnungsräume.
- Verkörpert verantwortungsvolles Gastgeben: Lebt nachhaltige Werte authentisch, macht sie für Gäste erlebbar und vertieft sie durch Reflexion.
- Vermittelt Wissen lebendig: Bringt nachhaltige Themen mit Geschichten zum Leben und erweitert Perspektiven.
- Bindet Kulinarik ein: Macht regionale Produkte sinnlich erlebbar, stärkt lokale Produzenten und fördert bewussten Genuss.
- Gestaltet Preise verantwortungsvoll: Incentiviert nachhaltiges Verhalten, stärkt faire Partnerschaften und verankert ökologische und soziale Werte.
Destinationen sollten vier Schlüsselrollen auf dem Weg zu nettopositiven einnehmen:
- Innovationsförderer: Identifiziert regionale Potenziale, vernetzt Akteur*innen, schafft innovationsfreundliche Rahmenbedingungen und entwickelt eine Vision für nettopositive Erlebnisse.
- Erlebniscoach: Unterstützt Anbieter*innen durch Wissenstransfer, praxisnahe Beratung und bedarfsgerechte Infrastrukturentwicklung.
- Wirkungsnavigator: Entwickelt klare Wirkungskriterien und vernetzte Datensysteme, um nachhaltige Erlebnisse sichtbar und steuerbar zu machen.
- Vermarktungspartner: Positioniert nachhaltige Angebote als Gewinn, erleichtert Buchungsprozesse, unterstützt die Markterschließung und fördert innovative Geschäftsmodelle.
Priv.-Doz. Dr. Thomas Kohler gestaltet als Geschäftsführer der conui GmbH Innovationsplattformen. Mit Impact Steps entwickelt er aktuell ein digitales Werkzeug zur Gestaltung und Darstellung wirkungsvoller Reiseerlebnisse. Zuvor war er Associate Professor an der Hawaii Pacific University und Visiting Scholar an der UC Berkeley. Derzeit unterrichtet er an der WU Wien, der TU Berlin und am Management Center Innsbruck.