Forschung

Sorgen von Menschen mit Behinderung in der Freizeitgestaltung - Erfahrungen von Menschen mit Behinderung entlang der gesamten Servicekette

Diese Studie zeigt, wie Menschen mit Behinderungen Reisen erleben – und wo es noch Barrieren gibt. Von unzureichender Information über fehlende Rückmeldemöglichkeiten bis zu strukturellen Hürden: Die Ergebnisse machen deutlich, dass echte Inklusion nur gelingt, wenn die Branche Bedürfnisse erkennt, ernst nimmt und aktiv handelt.
Publikation: Joachim Nigg, Alexander Plaikner, Mike Peters, Marco Haid (2024)
Viele Anbieter kennen die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen nicht oder ignorieren sie.
Schon vor der Reise scheitern viele Vorhaben an unzureichend zugänglicher Information.
Menschen mit Behinderungen haben kaum Möglichkeiten, Rückmeldung zu geben – oft fehlt auch Wertschätzung.
Positive Erlebnisse stärken das Selbstvertrauen – negative führen zu Rückzug und Unsicherheit.

Kurzfassung dieser Studie

Trotz der zunehmenden rechtlichen Fokussierung auf die Verbesserung barrierefreier Infrastruktur werden Menschen mit Behinderungen im Reisekontext noch immer häufig benachteiligt. Zur Förderung des inklusiven Tourismus wendet die vorliegende Forschungsarbeit die Selbstkategorisierungstheorie an und integriert dabei die Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen in allen Phasen des Reiseprozesses. Mittels eines qualitativen Forschungsansatzes werden die Freizeiteinschränkungen von Menschen mit Hör-, Seh-, Lern- und Mobilitätsbehinderungen beim Reisen untersucht, woraus potenzielle Entwicklungspfade hin zu ganzheitlichen inklusiven touristischen Wertschöpfungsketten aus einer multidimensionalen Behinderungsperspektive abgeleitet werden.

Die Forschungsergebnisse zeigen ein mangelndes Bewusstsein seitens der Branchenakteure hinsichtlich der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen. Dies wird sichtbar in der Unzugänglichkeit und mangelnden Verlässlichkeit von Informationen, der unzureichenden Sensibilisierung des Personals sowie dem Fehlen adäquater Feedbackmöglichkeiten. In diesem Kontext entwickeln die Studienteilnehmenden strukturelle und zwischenmenschliche Einschränkungen, insbesondere in den Phasen der Reisevorbereitung und während des Aufenthalts vor Ort. Während positive Reiseerfahrungen zu einer Steigerung des Selbstvertrauens von Menschen mit Behinderungen führen, bewirken negative Erlebnisse individuelle Einschränkungen, wodurch Reisevorhaben aufgrund einer Selbstkategorisierung als Menschen mit begrenzten Möglichkeiten zur sozialen Inklusion verworfen werden. Zur Behebung der Defizite entlang barrierefreier touristischer Wertschöpfungsketten werden sowohl theoretische Beiträge als auch praktische Implikationen abgeleitet. 

Erkenntnisse aus dieser Studie

  • Die Studie zeigt, dass es bei den Akteuren der Tourismusbranche ein mangelndes Bewusstsein für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung gibt.
  • Menschen mit Behinderungen haben eine starke Bereitschaft zu reisen, ähnlich wie Menschen ohne Behinderung. Sie suchen nach Erholung, Lebensqualität, Wissenserweiterung und Vergnügen.
  • Ein zentrales Ergebnis ist der Mangel an zugänglichen Informationen für Menschen mit Behinderungen, was eine erhebliche Barriere während der Vorreise-Phase darstellt.
  • Die Selbstcharakterisierung von Menschen mit Behinderungen wird durch Reiseerfahrungen beeinflusst. Strukturelle und zwischenmenschliche Einschränkungen treten vor und während der Reise auf, während intrapersonale Einschränkungen häufig danach auftreten. Positive Erfahrungen stärken das Selbstvertrauen, negative fördern Unsicherheiten und gefährden zukünftige Reisen.
  • Feedback spielt eine entscheidende Rolle für das Selbstbild und die zukünftige Reisebereitschaft von Menschen mit Behinderungen. Die Möglichkeiten für Feedback sind leider selten, und die Reaktionen oft nicht wertschätzend.
Schlüsselwörter
Diversität

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