Jürgen Schmidt: 2024 war für KI Entwicklungen ein unglaubliches Jahr. Es gab zum ersten Mal Nobelpreise für Forschungen in diesem Bereich und dann gleich zwei. Forscher von DeepMind, der Google-Tochter, haben die Faltung von Proteinen entschlüsselt und damit eines der letzten großen Rätsel der Naturwissenschaften gelöst. Den zweiten Preis bekamen John Hopfield und Geoffrey Hinton, die bereits 1982 das Hopfield Netzwerk entwickelten, das bis heute in sehr vielen KI-Systemen als neuronales Netz verwendet wird. Aber schauen wir doch noch weiter zurück.
Alan Turing hat seinen berühmt gewordenen Turing-Test 1950 veröffentlicht. Er beschäftigte sich in seinem grundlegenden Werk “Computing Machinery and Intelligence” mit der Frage, ob Maschinen denken können. Der Turing-Test, den er in diesem Buch beschrieb, ist wohl vielen ein Begriff. Alan Turing selbst bezeichnet den Test allerdings als “Imitation-Game”. Es war ihm also bewusst, dass es hier im Wesentlichen um die Imitation von Intelligenz geht.
1956 fand der “Summer of Artificial Intelligence” statt. Bei dieser Konferenz auf der Universität in Dartmouth fanden sich führende Wissenschaftler zu einem sechswöchigen Workshop zusammen. Gemeinhin gilt dieses Ereignis als die Geburtsstunde der aktiven Forschung zu Künstlicher Intelligenz. Zumindest wurde der Begriff “Artificial Intelligence” hier geprägt. 1966 veröffentlichte Joseph Weizenbaum ELIZA, das war der erste Chatbot, der mit Menschen interagieren konnte. Es gibt in der Geschichte zur Computer-Forschung immer wieder Zeiträume, in denen sehr viel entstanden ist, aber auch Zeiten, in denen die Forschungen relativ brach lagen. Wir sprechen hier gerne von KI-Sommern und KI-Wintern. In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden sehr wesentliche Entdeckungen gemacht und publiziert, wie z.B. das LSTM (Long-Short Term Memory) oder Backpropagation als Konzept.
Eine der größten intellektuellen Erfolge in der KI-Forschung sind für mich noch immer die Entwicklungen von DeepMind und später AlphaGO-Zero, der Computer, der Lee Sedol im Brettspiel GO geschlagen hat. Das Faszinierende an diesem Spiel ist aber, dass es kein in sich vollkommen logisches Spiel wie z.B. Schach ist. Wenn man professionelle GO-Spieler nach ihren Entscheidungen fragt, erhält man oft Antworten wie, “es hat sich gut angefühlt”. Der Südkoreaner Lee Sedol war 2016 der amtierende Weltmeister in diesem hochkomplexen Spiel. Sedol sagte sinngemäß zu dieser Herausforderung in einem Interview kurz vor dem Spiel: “Ich spiele nicht für mich und auch nicht für Südkorea, diesmal spiele ich, um die Überlegenheit der Menschheit zu zeigen”. Sedol verlor das Spiel mit 1:4.
Der aktuelle Sommer der KI-Entwicklung wurde nun 2022 von openAI ausgelöst. Das Prinzip von GPT wurde 2017 entwickelt. 2018 veröffentlichte openAI die erste Version davon. Man konnte über APIs mit dem Large-Language-Modell in Interaktion treten. Eine öffentliche Version davon gab es nicht. 2019 wurde die zweite Version davon veröffentlicht. Sie ist heute in der Ars-Electronica in Linz ausgestellt. Die Qualität der Sprache und des Verständnisses war natürlich weit unter dem, was wir heute vor uns haben. OpenAI hat im Wesentlichen dem Modell von GPT einen “chat” vorangestellt und das System damit zugänglich gemacht. Damit wurde ein KI-Modell zum ersten Mal in der Geschichte für eine breite Öffentlichkeit einfach zugänglich gemacht und dadurch wurde auch der größte Hype ausgelöst, den wir in der Technologie-Entwicklung bisher gesehen haben.